Tanzwoche - die 19te

Als wir vor 18 Jahren Dresden mit der ersten Ausgabe des Festivals konfrontierten oder beglückten(?), war ein Beweggrund, bisher in Dresden nicht Gesehenes vorzustellen und für diese Art des künstlerischen Schaffens Impulse zu geben. Tanz, Tanztheater, Körpertheater etc. wurden in den folgenden Jahren auch in unserer eher konservativ musealen Kulturlandschaft prägend für neue und ungewöhnliche ästhetische Ansprüche.
Die Tanzwoche hat dabei wesentlich zur Ermutigung der Künstler, des Publikums und der kulturpolitisch Verantwortlichen beigetragen. Gruppen wie Derevo, Carrot Dancers, Gonzales Dance oder Bönigkörperschaft hätten ohne die Tanzwoche kaum Chancen gehabt in Dresden heimisch zu werden. Trajekt von Oliver Augst und Udo Zickwolf wurde vor 15 Jahren in der Bienertmühle entwickelt und wird seit 1996 alljährlich am Fürstenzug dargeboten.
Diese Kurzretrospektive stelle ich aus dem simplen Grund voran, weil mich Einiges in der heutigen Situation an die Anfangsjahre erinnert. Die Finanzierung des Festivals stellt sich 2010 ähnlich schwierig dar wie 1994 - ob finanzkrisenbedingt bleibt Spekulation. Was ist schon das Aus eines Tanzfestivals im Vergleich zu drohendem Staatsbankrott. Auch die Arbeitssituation für freie Gruppen hat sich über die Jahre nicht wesentlich verbessert, trotz Tanzplan und ähnlichen Bemühungen.

Quo vadis Tanz in Dresden?
Wir haben Gruppen, Projekte und Initiativen ermutigt. Wir haben sie unterstützt und geschützt. Wir haben sie wachsen sehen uns mit ihnen über ihre Erfolge gefreut und Mißerfolge geärgert, aber auch das Vergehen und/oder Weggehen von Künstlern und Gruppen konnten wir nicht aufhalten.
Ist die Wirklichkeit des Marktes nunmehr mit aller Härte auch in Dresden angekommen? Gilt das Neue, nicht vorhersehbar und nicht zu berechnen, nichts mehr, geht es langsam auch hier um gefällige Quote?
Wenn der Boden auslaugt, wenn es keine Basis gibt, bröckelt alsbald auch der Überbau.

Ich möchte nicht den Eindruck erwecken ich verfiele in Larmoyanz. Im Gegenteil! Ich möchte eher erneut ermutigen, sich als Macher wie auch als Rezipienten für diese wunderbare Kunstform zu engagieren.
Vielleicht ist die Zeit mal wieder reif für eine kämpferische Renaissance in der Tanzkunst. Das Festival 2010 findet statt, in einer Dichte und Vielfalt, die sich trotz enormer Finanzprobleme nicht hinter den Programmen vorangegangener Jahrgänge verstecken muß.
Dank an die Förderer und Dank an die Künstler. Ohne die Treue und die Solidarität der Einen, ohne den Mut und die solidarische Unbeirrbarkeit der anderen gäbe es die Tanzwoche nicht und anstelle eines frischen Jahrganges 2010 lediglich Erinnerungen und Geschichten.

Sehen wir lieber nach vorn. Im nächsten Jahr wollen wir ja die 20. Tanzwoche feiern. Auf dem Weg dahin ist es nur konsequent, daß wir die Einschnitte 2010 als Chance nutzen, um wieder Neues zu probieren, ohne Bewährtes zu vernachlässigen. Erstmals haben wir im Theaterhaus "Rudi" Vertreter des semiprofessionellen Tanztheaters im Programm. Im TJG gibt es Tanztheater für die Allerkleinsten.

Dresdner Projekte sind in diesem Jahr leider knapp vertreten. Gehen wir davon aus daß dies situativ und nicht von Dauer sein wird, im Hinblick auf das kommende Jubiläum hoffen wir schon auf künftige stärkere Impulse aus Dresden. Besonders bedauern wir, daß die avisierte Premiere des Theaters Derevo aus technischen Gründen nicht stattfinden kann.

Wir haben ein dichtes und "dickes" Programm zusammengestellt. Nun ist es an Ihnen, an Euch, zu zeigen, daß unser Festival Bestandteil des Dresdner Kulturlebens ist & bleiben soll. Ihre und Eure Meinungen helfen, die Initiative Tanz und das Festival fortzuführen. Reagieren Sie, Trauen Sie sich. Wir trauen uns ja auch, nicht zuletzt deshalb weil das Interesse bei den Künstlerinnen und Künstlern ungebrochen ist, in Dresden, bei Ihnen, ihre Produktionen vorzustellen.

Ihr Detlef G. J. Skowronek
Dresden 09. März 2010