„events for television (again)"
Konzept / Idee / Toncollage Tom Plischke
Choreographie / Darstellung Jean-Baptiste Bonillo, Alice Chauchat, Hendrik Laevens, Martin Nachbar, Erna Omarsdottir, Tom Plischke
Textmaterial Igor Strawinsky, Millicent Hudson, Merce Cunningham, William Burroughs, Jack Kerouac, Marcel Duchamp
Musikmaterial Igor Strawinsky „Le sacre du printemps", Edward Elgar „Pomp and Circumstances", Jeff Buckley / Inger Lorre „Angel Mine"
Lichtdesign Geni Diez
Danke für Feedback Myriam van Imschoot, Thomas Hauert, Lilia Viera-Mestre, Mette Edvardsen, Lieve Denim
Produktion Tom Plischke / B.D.C., Springdance 99, Künstlerhaus Mousonturm
Mit freundlicher Unterstützung des Kulturreferates der Landeshauptstadt München und der Summerstudions 99
„events for television (again)" begann mit einem Auftrag und mit einer Fragestellung. Für das Springdance Festival in Utrecht sollten 10 Künstler eine Arbeit über „le sacre du printemps" anläßlich der Rekonstruktion von Millicent Hudson erarbeiten. Es stellte sich eine große Frage: Was soll man auf „le sacre du printemps" machen. Unser Ansatz sollte eine Untersuchung des Themas (eine Jungfrau, die anläßlich der Hochzeit des Sonnengottes auserwählt wird, sich zu Tode zu tanzen) werden (Die Idee der Rekonstruktion lehnten wir kategorisch ab, da sie sich zum größten Teil auf das Gedächtnis Mary Ramberts stützt. Sich nach 50 Jahren an eine komplexe Choreographie zu erinnern, selbst mit Aufzeichnungen, ist, da gibt einem jeder Psychater recht, nicht möglich). Was bleibt sind die Rituale der Passage, der Disziplin und des Opfers. Doch sucht man etwas weiter, findet man heraus, daß es in der Russischen Geschichte und Mythologie kein Menschenopfer gibt. Somit, passend zum Zeitpunkt seines Entstehens, finden wir darin wohl eher ein pädophiles Phantasma Röehrichs/Stravinskys wieder, als eine wirkliche anthropologische Untersuchung, als die das Stück von den beiden gerne dargestellt wurde. Nach unserer Kurzversion von „le sacre du printemps" kam eine weitere Quelle hinzu. Merce Cunninghas Credo: „Dancing for me is movement in time and space. Ones possibillities are only limited by our imagination and our two legs".

Dieses Zitat aus dem Film „Event For Television" sollte nun die wirkliche Hinterfragung werden: Kann ein Körper (und der Tanz handelt ja von Körpern) je so reduziert und abstrakt gesehen werden? Oder handelt es sich beim Betrachten eines Körpers um etwas unmittelbares, etwas dem Menschen Eigenes, Intimes, niemals Abstraktes? Nach zwei Monaten Arbeit hatten wir zwei Ikonen der Tanzmoderne untersucht. Doch sollte nun ein neuer Ansatz gefunden werden, der diese Untersuchung verwenden kann, um einen dramaturgischen Rahmen zu suchen, der nicht aus der Tanzwelt kommt: William Burroughs. Seine Arbeit zeigt sehr gut das Dilemma des Körpers mit dessen Umfeld. Da gibt es keinen Mittelpunkt, keinen common sense, an den sich alles klammert. Durch das Loslassen klammert sich der common sense an alles. Bei Burrouhgs ist jeder Satz sein eigener Mittelpunkt. Einwohner der Normalität und Insassen von Zufriedenheitsanstalten werden mit einer menschlich ekstatischen Art konfrontiert. Er spricht vom entängstigten Menschen, eine Horrorvorstellung für jegliche Ordnung, die auf Disziplin aufbaut. Auf diese Weise eingebettet, finden sich sowohl „le sacre du printemps" als auch Merce Cunninghams Credo in Hinterfragung einer sehr allgemeingültigen Tugend, der Disziplin, wieder. Denn nicht ohne Humor und Grauen denken wir über Tanz und seine Geschichte nach. Der Disziplinierung des Körpers, seiner Denkweise und dessen Ästhetisierung möchten wir ein paar Hindernisse in den Weg stellen. Sei es auch nur um für einen kurzen Augenblick nachzudenken, bevor wir uns im allgemeinen Sog der Gleichgültigkeit mitreißen lassen.

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